Kliniken & Fachärzte Niederbayern/Oberpfalz 2022

FEHLENTWICKLUNG DES ZAHNSCHMELZES | FACHBEITRAG Nuckelflasche oder Sauger sowie die Antibiotika-Einnahme bei Atemwegsinfekten sind weitere Verdächtige. Schmerzende, bröckelige Zähne Die genaue Symptomatik der Mineralisierungsstörung hängt von der Stärke der Erkrankung ab. In leichten Fällen sind nur die betroffenen Zähne cremig weiß bis bräunlich verfärbt. Als nächste Stufe kommt die starke Temperatur- und Berührungsempfindlichkeit hinzu. Stark betroffene Zähne sind so weich und porös, dass sie schon unter Kaubelastung anfangen zu bröckeln. Wenn die Zähne bröckeln und zusätzlich das Zähneputzen schmerzt – weshalb die Kinder es dann gern verweigern – ist Karies natürlich vorprogrammiert, falls keine Maßnahmen ergriffen werden. Was tun bei MIH? Grundsätzlich gilt: Beim ersten Verdacht auf MIH sollten Eltern ihr Kind möglichst bald zum Zahnarzt begleiten. Beheben lässt sich der Zahnschmelzdefekt zwar nicht, aber die Symptome sollten dennoch frühzeitig behandelt werden, um den Schaden so gering wie es geht zu halten und stärkere Schmerzen zu vermeiden. Sind die Zähne nur verfärbt, schmerzen aber nicht, besteht kein unmittelbarer Behandlungsbedarf. Bei diesen Kindern ist eine engmaschige Kontrolle wichtig. Die Zähne müssen im Rahmen eines Intensivprophylaxeprogramms regelmäßig fluoridiert werden. Die Härtung des MIH-Zahns ist notwendig, weil dessen Schmelz lediglich ein Zehntel der Härte des normalen Zahnschmelzes besitzt. Werden Kinder wegen ihrer verfärbten Zähne gehänselt und leiden darunter, ist auch eine ästhetische Behandlung möglich. Härten, versiegeln oder ziehen Zähne, deren Schmelzoberfläche bereits eingebrochen ist, die berührungs- und temperaturempfindlich sind, müssen selbstverständlich sofort behandelt werden. Schließlich leiden die betroffenen Kinder unter starken Schmerzen. Die MIH-Zähne werden als Schutz vor Karies entweder versiegelt oder mit einem Komposit abgedeckt. Die Schutzschicht macht die behandelten Zähne zusätzlich gegenüber Hitze und Kälte sowie Berührungen unempfindlicher. Bei sehr weit fortgeschrittener MIH hilft keine Schutzschicht mehr. In Extremfällen sind die kranken Backenzähne und Schneidezähne bereits käseweich, porös und bröckelig, wenn sie durchs Zahnfleisch stoßen. Hier bleibt keine Wahl: Diese Zähne müssen entfernt und anschließend im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung ersetzt werden. Behandlung von Schmerzpatienten Kindern mit stark schmerzempfindlichen Zähnen tut natürlich auch die Behandlung besonders weh. Die gängigen Lokalanästhetika wirken oft nicht stark genug und die Kinder haben trotz lokaler Betäubung große Schmerzen. Daher kann es sinnvoll sein, die jungen Patienten nicht im wachen Zustand zu behandeln. Bei der Lachgas-Sedierung gleiten die Kinder in einen angenehmen Dämmerzustand, sind aber weiterhin bei Bewusstsein und in der Lage, mit der behandelnden Zahnärztin zu kooperieren. Für kurze Behandlungen ist auch ein stärker wirkendes Narkosegas-Sauerstoffgemisch, das durch einen erfahrenen Anästhesisten verabreicht wird, gut geeignet. Für lange, sehr schmerzhafte Behandlungen empfehlen wir die ebenfalls von unserem Anästhesisten betreute, kindgerechte Vollnarkose. Der Vorteil: Hierbei werden alle behandlungsbedürftigen Zähne auf einmal saniert oder entfernt, um dem Kind wiederkehrende Behandlungen zu ersparen. Kinder mit MIH schämen sich häufig ihrer Zähne und trauen sich nicht mehr, mit offenem Mund zu lachen. © Alezhano – stock.adobe.com 163

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