Bauen und Wohnen Landshut

3 Bauen und Wohnen Mit Photovoltaik ist man nicht komplett autark Interview mit Diplomingenieur Andreas Habermehl Viele Eigenheimbesitzer wollen mit einer Photovoltaikanlage unabhängiger werden. Sie möchten eigenen Strom nutzen, in Batterien speichern und nur den nicht genutzten Teil ins Stromnetz einspeisen. Unsere Zeitung sprach mit Andreas Habermehl, Geschäftsführer Technik und Berufsbildung beim Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). Herr Habermehl, ist es so einfach, wie es klingt, mit Photovoltaikanlagen und Batteriespeicher ein Stück weit unabhängig zu werden? Andrea s Habe rmeh l : Aus technischer Sicht ist es genauso einfach, wie es klingt. Der Speicher trägt dazu bei, dass der von der Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) erzeugte Strom noch effizienter genutzt werden kann, so zum Beispiel in den Nachtstunden, wenn die Sonne gar nicht scheint. Dies geschieht automatisch. Energie aus dem Netz des Energieversorgers wird erst dann bezogen, wenn die PV-Anlage nicht mehr genügend Energie erzeugt und der Speicher „leer“ ist. Wie funktioniert eigentlich eine PV-Anlage? Welche Komponenten braucht man? Habe rmeh l : Interessenten sollten sich unbedingt an einen Elektrohandwerksbetrieb wenden. Innungsfachbetriebe übernehmen die genaue Planung und Auslegung der Anlage. Der Betrieb wird zunächst prüfen, ob und wenn ja inwieweit die bestehende elektrische Anlage umgerüstet werden muss. Dafür haben wir als Verband den E-Check entwickelt. Auch bestimmt der Fachbetrieb die Anzahl der PV-Module und plant die dafür notwendige Unterkonstruktion, die Kabelwege, den Wechselrichter und die notwendigen Schutzgeräte. Da die PV-Module eine Gleichspannung erzeugen, braucht es einen Wechselrichter, der diese in eine für unser Hausnetz typische Wechselspannung umwandelt. Wie meldet man die Anlage offiziell an und welche Genehmigungen braucht man vorab? Habe rmeh l : Die Anlage wird beim jeweiligen Netzbetreiber angemeldet. Dieser muss der Inbetriebnahme der Anlage zustimmen, was aber im Regelfall bei Anlagen im Ein- oder Zweifamilienhaus kein Problem darstellt. Wie ist es, wenn man keinen Vertrag mit dem lokalen Versorger hat? Habe rmeh l : Das macht keinen Unterschied. Zuständig ist immer der lokale Netzbetreiber – unabhängig davon, welchen Stromanbieter man hat. Bei einem Stromausfall funktioniert auch das BatteriespeicherSystem nicht, der Wechselrichter schaltet es ab. Warum? Habe rmeh l : Die Wechselrichter sind netzgeführt. Das heißt, nur dann, wenn der Wechselrichter erkennt, dass das Netz Spannung hat, kann und darf er aktiv werden. Andernfalls würde ungesteuert Energie ins Netz fließen und ein Netzbetreiber hätte dann keine Möglichkeit, Arbeiten am Netz spannungsfrei durchzuführen. Welche technischen Voraussetzungen wären nötig, damit man Photovoltaik und Speicher im Falle eines (normalen) Stromausfalls nutzen kann? Habe rmeh l : Der PV-Speicher muss inselnetzfähig sein. Dann ist es möglich bei einem Stromausfall mit dem Speicher, in den sogenannten „Inselbetrieb“ zu wechseln und Teile der eigenen elektrischen Anlage weiter zu versorgen, solange Energie im Speicher ist. Dies hängt aber sehr stark davon ab, welcher Speicher eingesetzt wurde. Den Inselbetrieb bieten nicht alle Hersteller an, beziehungsweise oft nur gegen Aufpreis. Im Herbst war oft die Rede von Blackout. Wie schätzen Sie das Risiko für einen solchen ein? Habe rmeh l : Wir haben in Deutschland bisher sehr stabile Netze. Ein Blackout ist nie vollständig auszuschließen, das Risiko ist aber eher als gering einzuschätzen. In diesem Zusammenhang fielen häufig Begriffe wie Ersatzstrom (Insellösung), Notstrom und Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV). Wie unterscheiden sich diese Systeme? Habe rmeh l : Ersatzstrom liefert beispielsweise der PV-Speicher, der bei Netzausfall einen Stromausfall feststellt und in wenigen Sekunden die Versorgung der elektrischen Anlage übernehmen kann. Bei einer USV wird ein Netzausfall so schnell überbrückt, dass es gar nicht zu einer Unterbrechung kommt. Dies ist besonders bei systemkritischer Infrastruktur wichtig, etwa in Krankenhäusern oder bei IT-Systemen. Notstromgeräte setzt beispielsweise die Feuerwehr ein, um im Notfall lokal Strom erzeugen zu können. Was ist für Hausbesitzer praktikabel und wirtschaftlich im Verhältnis zu möglichen Stromausfällen? Habe rmeh l : Aktuell haben wir in Deutschland statistisch gesehen pro Haushalt und Jahr Stromausfälle im Minutenbereich. Ob jemand für diesen Fall ein inselnetzfähiges Speichersystem benötigt, muss jeder für sich entscheiden. Ein Innungsfachbetrieb kann helfen, eine auf individuelle Anforderungen zugeschnittene Lösung zu finden. Das Interview führte Gertraud Wittmann. Andreas Habermehl Foto: ZVEH EINSPEISEVERGÜTUNG WIRD INDIVIDUELL BERECHNET Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist zum Januar 2023 voll in Kraft getreten. Darin festgelegt ist eine Einspeisevergütung für Betreiber von Photovoltaikanlagen – für überschüssigen Solarstrom, den sie ins Stromnetz einspeisen. Diese Vergütung ist für 20 Jahre in fester Höhe garantiert, um Planungssicherheit zu bieten. Der selbst verbrauchte Strom ist dafür nicht relevant. Es wird jedoch unterschieden zwischen Anlagen zur Volleinspeisung und zur Eigenversorgung. Die Vergütung bei einem Eigenversorgungsanteil berechnet sich nach der geplanten Leistung: Anlagen bis 10 kWp, also einer Höchstleistung (Peak) von 10 Kilowatt, erhalten 8,2 Cent pro kWh. Ist die Anlage größer, erhält der darüber hinausgehende Anlagenteil 7,1 Cent pro kWh. Die Verbraucherzentrale (VZ) berechnet für ein Beispiel: Eine 15 kWp-Anlage erhält für die ersten 10 kWp 8,2 und für die verbleibenden 5 kWp 7,1 Cent pro kWh, im Durchschnitt also 7,8 Cent pro Kilowattstunde. Anlagen mit Volleinspeisung erhalten einen höheren Vergütungssatz. Wichtig ist, dass Betreiber dies vor der Inbetriebnahme und zum Erhalt der Volleinspeise-Vergütung je vor dem 1. Dezember für das Folgejahr an den Netzbetreiber melden. Hier nennt die VZ eine feste Einspeisevergütung von 13 Cent pro kWh bei Anlagen bis 10 kWp. Für jede weitere kWp gibt es 10,9 Cent. Die Beispielrechnung für eine 15 kWp-Anlage mit Volleinspeisung ergibt dann für die ersten 10 kWp 13,0 Cent, für die verbleibenden 5 kWp 10,9 Cent, also im Durchschnitt 12,3 Cent pro Kilowattstunde. Weitere Infos: www.verbraucherzentrale.de – Beratung, Energie

RkJQdWJsaXNoZXIy MTYzMjU=