Berge, Strand und Mehr

4 Berge, Strand & Mehr Wilde Schönheit: Roadtrip durch Korsikas Norden Enge Kurven am Fels, Meereshöhlen und Kühe am Traumstrand – eine Insel voller Überraschungen Ein Roadtrip in der Heimat Napoleons bedeutet vor allem: Kurven. Oft auf einspurigen Straßen, die man mit Radlern, Ziegen, Schweinen und Kühen teilt. Nichts für Fahrer großer Wohnmobile, aber ein großartiges Abenteuer für alle anderen. Runter von der Fähre in Bastia, rauf auf die Küstenstraße gen Norden. Im Fischerdorf Erbalunga genieße ich am alten Hafen Pain au Chocolat, während Mann und Sohn auf den Felsen vor einem Festungsturm klettern. Den runden Türmen aus der Zeit der Genueser-Herrschaft auf der französischen Insel begegnen wir immer wieder – mal stolz in den Himmel ragend, mal verfallen. Gut 25 Kilometer weiter ist in Macinaggio Schluss mit Küstenstraße. Auf dem historischen Zöllnerweg (Sentier de Douaniers) geht es zu Fuß weiter. Am ersten Badestopp, dem Strand von Tamarone, gibt es noch einige Touristen und das empfehlenswerte U ParadisuRestaurant. Eine Bucht weiter ist man außerhalb der Saison allein am Strand – fast. Kühe beim Sonnenbad Drei Kühe liegen auf dem hellen Sand, den Blick über das türkisblaue Meer auf drei Inselchen gerichtet. Da sie Hörner haben, halten wir uns lieber fern, bis wir in den kommenden Tagen lernen, in Kuhnähe zu leben, weil man sonst auf den schmalen Pfaden nicht an ihnen vorbei kommt. Mit dem Auto kreuzen wir nach der Wanderung das nur 15 Kilometer breite Cap Corse, blicken von den Bergen hinab auf die in Richtung Süden immer schroffer werdende Westküste. Dort gibt es: noch mehr Kurven, Ziegen auf der Fahrbahn und herrliche Aussichten auf Sand- und Kiesstrände in felsumringten Buchten. Hoch auf einem Felsen thront in Nonza eine Festung, die der korsische Freiheitskämpfer Pascal Paoli im 18. Jahrhundert errichten ließ. Heute kann man hier hausgemachtes Myrthen-Schafkäse-Eis aus einem der Läden in den mittelalterlichen Gässchen der Stadt schlecken und in Frieden das Panorama genießen. Wer wie wir mit Auto und kleinem Zelt unterwegs ist, braucht sich um Übernachtungsplätze keine Gedanken zu machen. Campingplätze gibt es alle paar Kilometer. Allerdings sollte man sich zuvor informieren, ob der Weg dorthin auch für Fahrzeuge ohne Allrad machbar ist: Kurz hinter Saint Florent am Ende von Cap Corse tauchen am Straßenrand Quad- und Geländewagen-Verleihe auf. Das hätte uns zu denken geben sollen. Doch wir folgen einem Campingplatzschild zwölf Kilometer durch die Agriaten, die Wüste Korsikas. Eineinhalb Stunden Staubpiste, Steine, Schlag- und Wasserlöcher, dafür aber ein Campingplatz im Paradies: „U Paradisu“ scheint ein beliebter Name in Korsika zu sein. Paradiesisch ist aber vor allem der 300 Meter entfernte weiße Sandstrand mit kieferbewachsenen Dünen und Lagune dahinter – samt herumtollenden Kälbchen. Allrad oder zu Fuß Nachts das Konzert der Frösche, der Duft von Eukalyptus, Feigen und blühender Kakteen. Tags wandern wir durch die Macchia, das robuste Gestrüpp der trockenen Hügel, zu den benachbarten Badebuchten. Wie schon am nördlichen Cap Corse gibt es hier kaum Straßen, und wer kein Quad gemietet hat, läuft am besten. Kurz vor L’Ile Rousse kehrt die Straße wieder direkt an die Küste zurück. Von hier bis Calvi gibt es sogar eine Bahnlinie am Meer entlang, um die Touristen zu befördern. Für Liebhaber einsamer Örtchen und Strände wie uns heißt das: vorbeifahren. Hinter Calvi belohnt die Kurvenstrecke mit immer schrofferen Felsen und roten Klippen über blauem Meer. Und am Ende der Etappe entdecken wir unter Olivenbäumen unseren Lieblingscampingplatz: „E Gradelle“. Von hier gleiten wir auf SUP-Boards über das klare Wasser, fahren kniend in eine niedrige Höhle und lauschen im Dunkeln dem Grollen der Wellen an den Felswänden. Felstunnel im Meer Wenige Meter weiter öffnet sich ein schmaler, natürlicher Tunnel zwischen den Felsen, gerade so breit, dass die Boards hindurch passen. Vögel schießen über unseren Köpfen unter der Höhlendecke entlang, unter unseren Füßen pulsieren Quallen im Wasser. Abenteuer pur. Ein kurzer Ausflug in die korsische Geschichte auf der Festung Porto, dann geht es quer durch das Gebirge im Landesinneren. Auch hier: Kurven ohne Ende, nur ohne Meerblick. Dafür gibt es tiefe Schluchten, alte Steinbogenbrücken, eiskalte Badegumpen und schneebedeckte Gipfel. Im dichten Schwarzkiefernwald laufen halbwilde Schweine auf der Fahrbahn. Ein Schild weist auf Langlaufloipen im Winter hin. Alpines Gefühl am Mittelmeer. Noch ein Tag sonnenbaden und faulenzen am langen Sandstrand südlich von Bastia, dann folgt der letzte tierische Höhepunkt der Reise: Neben der Fähre springen Delfine durch die Wellen. Was für ein Abschied von der „Insel der Schönheit“, aber sicher keiner für immer. Ulrike Kühne Auf Korsika teilt man sich die Badebuchten mit ganz besonderen Strandschönheiten. Fotos: Ulrike Kühne Felsküste im Osten

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