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58 Da wären zum Beispiel die vier bevorstehenden „Jahreszeiten“, die ich so sehr liebe: Starkbierzeit, Spargelzeit, Weinlese und Schwammerlzeit. Seinen Ursprung hat das Starkbier im katholischen Nahrungsentzug, dem Fasten. Damit die Mönche nicht vom Fleisch fielen, griffen sie auf das süffige „Brot“ aus dem Fass zurück. Was man ihnen in heutigen Darstellungen auch ansieht. Mir auch, jedoch aus gänzlich nicht-katholischen Gründen. Aber mich wird man auch in kommenden Generationen nicht malen und auf Flaschen drucken, somit ist es mir egal. Das würzig-malzige Starkbier jedenfalls scheint eine direkte Verbindung zum Nervensystem zu haben, die weit über die reine Wirkung des Alkohols hinaus geht. Sobald sich die Aromen auf der Zunge zu entfalten vermögen, erfüllt mich dieses Getränk mit einem Gefühl von Heimkehr. „Ja stimmt, so hat das geschmeckt“, geht mir durch den Kopf und ich nehme noch einen Schluck, bevor ich idealerweise ein Stück gebratene Milzwurst hinterherschiebe. Von dieser Kombination halte ich besonders viel. Im April endet die Starkbierzeit offiziell, im selben Monat beginnt aber bereits die nächste Jahreszeit für Menschen wie mich: die Spargelzeit. Auch darauf freue ich mich schon. Dabei ist es mir völlig egal, ob ich einen Bund grünen Spargel mit Zitrone und Olivenöl in der Pfanne brate und über meine Pasta kippe oder weißen Spargel koche und mit Sauce Hollandaise, Kartoffeln und edlem Schinken verzehre. Hauptsache Spargel. Dazu passt übrigens wunderbar ein fränkischer Silvaner. Zum grünen Spargel bevorzuge ich jedoch eher einen Wachauer Smaragd-Riesling. Beide bilden eine gute Unterstützung des edlen Gemüses. Neben diesen beiden Jahreszeiten, die vor der Tür stehen, freue ich mich auch besonders auf die verschiedeJahreszeiten fürs Gemüt Wenn der Frühling in die Gänge kommt und die Natur erwacht, spüre ich das auch im Gemüt. Die Luft atmet sich leichter, die länger werdenden Tage regen zur Aktivität an. Frühlingsgefühle, wie man sagt. Manche meinen damit die hoffnungsvolle Suche nach dem Partner fürs Leben. Ich nicht. Ich bin glücklich verheiratet und kann mich daher auf andere Emotionen fokussieren. Kulinarische, um genau zu sein. nen Obst-, Beeren- und Gemüsesorten, die meine Frau rund um unser Haus liebevoll kultiviert. Das ganze Jahr über nasche ich mich zusammen mit meinen Kindern von Strauch zu Strauch und Baum zu Baum durch, mache kurz Station in der Hängematte zwischen Apfel- und Walnussbaum und setze mich dann ins Gras neben Hund und Hasen. Ja, ich freue mich auf ein 2023 im Freien, auf Schöpfung und Lebensgefühl. Man kann es schon aushalten in unserer niederbayerischen Heimat. Also ich zumindest. Von Andreas Reichelt. Hintergrund: © Mark Carrel - stock.adobe.com | Montage: © michels, Nataliia Pyzhova - stock.adobe.com | Selfie: ©Andreas Reichelt

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