Volksfest-Straubinger

82 Fesch samma | STRAUBINGER Bayern mit hartem Akzent, befedertem Filzhut und Schäferstock erwartet. Doch Peter – er bietet mir das Du an – stellt sich als aufgeschlossener, modischer Mann mittleren Alters heraus. Nach meiner Hosengröße muss er nicht fragen, die erkennt er auf einen Blick. Er will wissen, wie bayerisch ich denn werden möchte. „Wenn Lederhose, dann richtig“, antworte ich. Er empfiehlt also eine traditionelle mit Klappe, Stickerei und Hirschhornknöpfen. Aus einem Regal hinter sich kramt er eine hellbraune Hose mit sogenannter Reliefstickerei heraus. Dabei werden Fäden zwischen die Schichten des Leders geschoben. Die Stickerei zeigt fein säuberlich eingearbeitete Gämse. Der Popo ist von besonderer Bedeutung Eine Lederhose muss laut Peter so eng wie möglich sitzen, da sich das Material mit der Zeit weitet. Eng sitzen – das tut sie. Ich erinnere mich an meine Grundschul-Zeiten, als wir uns gegenseitig die Unterhosen unter die Schultern gezogen haben. Das mit Fischtran gegerbte Hirschleder fühlt sich trotzdem an wie eine zweite Haut. Der Fachmann betrachtet mich von allen Seiten. Besonders der Popo ist laut ihm von besonderer Bedeutung. In diesem Punkt sind sich Bayern und Bremer anscheinend einig. Ich frage, was es mit der dreieckigenTasche an der rechten Seite der Lederhose auf sich hat. „Das ist eine Messertasche“, antwortet er. In diese kommt das Trachtenmesser, eine mir bis dahin unbekannte Tradition. Viele Menschen, Unmengen an Alkohol und elf Zentimeter lange Klingen.Was soll da schon schief gehen? Eine Lederhose von solcher Qualität ist nicht billig, doch solange ich gut auf sie achte, hält sie ein ganzes Leben. Die beste Pflege sei es, sie zu tragen. Fleckenanfällig ist hochwertiges Leder laut Peter nicht. Gefährlich sind vor allem Wein- und Zitronensäure. „Bierflecken sind noch die besten“, meint er, ein verschüttetes Radler ist dagegen gefährlich, denn die Säure greift die Gerbung an. „Du schaust bayerischer aus als so mancher Bayer“ Bei mir ist dieses Risiko allerdings gering. Wenn ich in meiner Zeit in Bayern eines gelernt habe, dann, dass Radler eines echten Bayern nicht würdig ist. Seinen Weg auf meine Hose wird es höchstens durch einen Unfall finden. Mit einer Lederhose allein ist mein VolksfestOutfit allerdings noch nicht vollständig. Noch trage ichT-Shirt und Sneaker. Peter findet, dass das kein Problem ist, doch farblich müssen sie zur Hose passen. Der orangefarbene Schriftzug auf meinem Shirt erfüllt diese Vorraussetzung leider nicht. Es müssen ein Hemd und eine Weste her. Meine physischen Voraussetzungen aus sehr langem Oberkörper und nahezu nicht existenter Hüfte stellen den Fachmann vor die ein oder andere Schwierigkeit. Doch er weiß sich mit einer Langgröße zu behelfen. Die Weste ist grün – abgestimmt auf die Stickerei der Lederhose. Eine Reliefstickerei hebt sich von dem ebenen Leder ab.

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