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32 ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 29./30. 10. 2022 WWW.ABENDZEITUNG.DE KULTUR Klimaschutz heißt investieren Einfach mal ins Kino gehen und die alltäglichen Probleme vergessen: Was kann es Schöneres geben?! Bei großen Blockbustern sind Themen wie Nachhaltigkeit und ökologischer Fußabdruck für die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer nicht so wichtig – es sei denn, man schaut sich ein Emmerich-Action-Spektakel a la „The Day After Tomorrow“ an. Bei solchen Filmen spielt die Umwelt und das Klima eine eher untergeordnete Rolle, es geht vielmehr um Effekte und Bilder. Ganz anders schaut es hinter den Kulissen aus, zumindest wenn es nach den Grundsätzen der Bavaria Fiction geht. Denn hier werden Umwelt- und Klimaschutz groß geschrieben. Bereits seit 2013 ist der 27 Hektar umfassende Medienstandort Geiselgasteig vollständig klimaneutral. „Wir haben die Verantwortung und die Verpflichtung, unseren Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“, heißt es im Bericht zur ökologischen Nachhaltigkeit der Bavaria Film. Das betrifft auch die Kino- und TVProduktionen, die auf dem Filmgelände gedreht werden. Aber wie können Filme und Serien überhaupt nachhaltig produziert werden? Die AZ hat bei der Bavaria Fiction, einer Tochtergesellschaft der Bavaria Film und ZDF Studios, nachgehakt. „ Es stecken viel Logistik, Technik und Equipment dahinter.“ Kulissenbau, Dreharbeiten, Transport, Catering – eine große Produktion, wie etwa ein Blockbuster, ist mit vielen verschiedenen und aufwendigen Arbeitsschritten verbunden. Der Stromverbrauch kann dabei immens und die Belastung für die Umwelt entsprechend hoch sein. Die Bavaria Film Gruppe hat sich deshalb 2021 zur Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in der Produktion verpflichtet und stellt seit Januar 2022 alle neuen Projekte nach den ökologischen Vorgaben des bundesweiten Arbeitskreises „Green Shooting“ her. Teil dieses Arbeitskreises ist es zu gewährleisten, dass deutsche Kino-, TV- und StreamingProduktionen einen ökologischen Mindeststandard erfüllen. Von der Preproduction bis zur Postproduction sollen die CO2-Emissionen auf ein Minimum reduziert werden. Die dafür notwendigen Mindeststandards wurden in mehrere Bereiche, wie Wechsel zu Ökostrom, Verzicht auf Dieselgeneratoren (wenn möglich), Verbot von Einwegbatterien, Beleuchtung auf LED-Scheinwerfer umstellen und umweltfreundliches Reisen unterteilt. Auch der Einsatz eines sogenannten „Green Consultant“ ist dabei wichtig. Für die Bavaria Fiction ist Tobias Wolf als „Green Consultant“ tätig und unterstützt die Produktionen in der Umsetzung dieser Mindeststandards. Seit 2019 ist er als grüner Berater beim Film tätig und betreut seit Oktober 2021 alle Produktionen der Bavaria Fiction. „Vor allem im Film und TV-Bereich haben wir eine Verantwortung, weil bei der Herstellung von Filmen recht viel Emissionen verursacht werden“, erklärt er im Gespräch mit der AZ. „Als Zuschauer*in vor dem Bildschirm oder der Leinwand ist man sich dessen oft nicht bewusst. Es stecken viel Logistik, Technik, viele Mitarbeiter*innen und Equipment dahinter.“ Um Film- und TV-Teams entsprechend zu beraten und die grünen Vorgaben gut umzusetzen, ist Tobias Wolf auch selbst beim Dreh involviert. Mit den verantwortlichen Stellen erarbeitet er Ideen und Lösungen, wie umweltfreundlicher gearbeitet und gefilmt werden kann. Nach dem Dreh wird der Abschlussbericht und die CO2-Bilanz für die Produktion erstellt. „Für Produktionen sind Energie und Mobilität die größten Emissionstreiber. Für den Bereich Energie haben wir eine tolle Ausgangssituation auf dem Bavaria Film Gelände, weil wir 100 Prozent Ökostrom beziehen. Im Bereich der Mobilität versuchen wir, auf Reisen oder lange Fahrten möglichst zu verzichten und auf Zugfahrten und nachhaltige Unterbringung zu setzen.“ Aber auch beim Catering, Kulissenbau und Requisiten wird auf den ökologischen Fußabdruck geachtet. So gibt es meist Verpflegung aus regionalem Anbau und es werden wiederverwendbare Materialien für Deko und Kostüm verwendet. Die Maßnahmen zur Umsetzung einer grünen Film- oder TV-Produktion sind allerdings nicht umsonst, Produktionen müssen zum Teil Geld investieren. „Es gibt viele Maßnahmen, die lassen sich schnell und auch kostenneutral umsetzen. Bei anderen wiederum muss man investieren, wie etwa Lichttechnik und Fahrzeuge. Diese können sich später allerdings amortisieren“, erklärt der „Green Consultant“ der Bavaria Fiction. „Es ist leider noch nicht so weit, dass die Umsetzungen grüner Maßnahmen vollständig kostenneutral passieren können, es fallen trotzdem Mehrkosten an.“ Um im Abspann auch als grüne Produktion sichtbar zu sein, hat der Arbeitskreis „Green Shooting“ das Label „Green Motion“ kreiert. Doch dafür müssen 18 von 21 Vorgaben der ökologischen Mindeststandards erfüllt werden. „Der Bericht über die Produktion geht an den Auftraggeber oder Sender, der ebenfalls Teil des Arbeitskreises ‚Green Shooting‘ ist, und dort wird dann geprüft, ob das Label vergeben werden kann. Zusätzlich gibt es noch eine externe Prüfinstanz, die checkt, ob die Maßnahmen und Vorgaben eingehalten wurden“, so Tobias Wolf. Sollten nicht die benötigten Vorgaben erfüllt worden sein, kann das Label entsprechend nicht vergeben werden. „Es kann mitunter sehr frustrierend sein, wenn man sich angestrengt hat, um die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, und dann das Label trotzdem nicht vergeben wird. Manchmal kann man aber aufgrund von Verfügbarkeiten und der aktuellen Krise gewisse Punkte nicht erfüllen. Trotzdem kann das Label nicht vergeben werden, wenn nicht genug Kriterien erfüllt wurden.“ Doch nicht nur die Produktionen der Bavaria Fiction, auch der Medienstandort Geiselgasteig sieht sich in der Pflicht, die Umwelt und das Klima zu schützen. In den Studios und Bürogebäuden entstehen durch den Bezug von Ökostrom und die Heizung durch Geothermie fast keine Emissionen. Durch die Umstellung der Energieträger auf regenerative Energien konnte der CO2-Fußabdruck seit 2011 um 98,5 Prozent gesenkt werden, wie aus dem Bericht zur ökologischen Nachhaltigkeit 2022 hervorgeht. Die übrigbleibenden Emissionen werden durch verschiedene Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Unter anderem arbeitet die Bavaria Filmmit dem Münchner Klimaschutz-Unternehmen „ClimatePartner“ zusammen, um Waldschutzprojekte im brasilianischen Regenwald und den heimischen Wäldern zu unterstützen. Sven Geißelhardt Grüner Film: Wie funktioniert „Green Shooting“ bei der Bavaria Fiction? Luftaufnahme des Bavaria Filmgeländes in Geiselgasteig südlich von München – umgeben vom Perlacher und Grünwalder Forst. Foto: Bavaria Film „Green Consultant“ Tobias Wolf. Foto: Gabriele Reitsam/Bavaria Fiction Rock-Legende Lewis ist tot Der letzte König des Rock’n’Roll ist tot: Jerry Lee Lewis, der mit Songs wie „Great Balls of Fire“ zu Weltruhm gelangte und mit den bereits gestorbenen Musikern Elvis Presley, Chuck Berry und Little Richard zu den vier Königen des Rock’n’Roll gezählt wurde, starb am Freitag. Lewis ist 87 Jahre alt geworden. Er verbrachte die letzten Tage seines Lebens in seinem Haus im US-Bundesstaat Mississippi. Der Musiker galt als einer der einflussreichsten Künstler der Musikgeschichte. Stets antwortete er auf die Frage nach dem Vergleich mit Weltstar Elvis Presley: „Elvis war der Größte. Ich war der Beste.“ Zuletzt kämpfte Lewis, der den Spitznamen „The Killer“ hatte – mit gesundheitlichen Problemen, unter anderem mit einem Rückenleiden sowie seit 2019 mit den Folgen eines Schlaganfalls. Wenn er dennoch auf die Bühne trat, wirkte er sehr geschwächt. Vor rund einer Woche war auf dem Instagram-Profil von Lewis ein Bild veröffentlicht worden, auf dem ihm Musiker Kris Kristofferson die Urkunde über die Aufnahme in die Ruhmeshalle des Country überreicht. Lewis liegt auf dem Bild im Krankenbett mit Medikamenten auf dem Nachttisch und wirkt geschwächt. Musik-Legende Lewis wurde 1935 im US-Bundesstaat Louisiana geborenen. Sein Rock war eine wilde Mischung aus Jazz, Country, R&B und Boogie. Er war unter den ersten, die einen Platz in der Ruhmeshalle des Rock bekamen. Zu seinen Fans gehörten auch zahlreiche berühmte Künstler, die von seiner Musik beeinflusst wurden: Beatles-Sänger John Lennon soll ihm beispielsweise bei der ersten Begegnung die Füße geküsst haben. So lautet die Legende. Lewis’ Leben war gezeichnet von Drogen, Gewalt, Sex und Schulden. Der Rocker sagte oft Konzerte in letzter Minute ab. Manchmal zündete er nach dem Konzert sein Klavier an. Jerry Lee Lewis feierte in seiner Glanzzeit Welterfolge. Mit 87 Jahren ist er gestorben Jerry Lee Lewis. F.: Dima Gavryshdpa KULTUR kompakt ● ▲ Filmpreis für Aelrun Goette HOF Der Filmpreis der Stadt Hof geht in diesem Jahr an die Regisseurin Aelrun Goette. Goettes Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ kam Anfang Oktober ins Kino. Sie wirft darin einen Blick auf die Modewelt der DDR mit ihren schillernden Gestalten und erzählt damit auch ihre eigene Geschichte. In Geiselgasteig verkleinert die Unterhaltungsindustrie ihren ökologischen Fußabdruck Du fehlst uns so sehr. Marianne Sigl † 29. 9. 2022 Andrea Maffey mit Familie Der Gottesdienst findet statt am Freitag, 4. November 2022, um 18.00 Uhr, Erscheinung des Herrn, Terofalstraße 66, 80689 München

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