espresso - Juli 2021

58 LEBEN kann man sie ganz leicht beheben? REGLER: Das Wort „Fehler“ beinhaltet schon eine negative Wertung. Gut oder schlecht ist ja sehr relativ. Als erstes sei genannt, dass Ordnung und Sauberkeit große Faktoren sind, die uns mehr beeinflussen, als wir es vorrangig spüren. Klarheit im Raum und eine Umgebung mit vielen natürli- chen Materialien sind schon mal eine gute Basis für Wohlbefinden. ESPRESSO: Welche Folgen hat es, wenn man lange Zeit in einer Wohnung lebt, die überhaupt nicht den Feng-Shui-Vorstellungen entspricht? REGLER: Es verändert die Menschen auf jeden Fall. Vielleicht bringt es Krankheiten oder es gibt Entscheidungen, die erst weh tun müssen, bevor man den Mut hat es anzugehen. Auf jeden Fall wird sich nicht das imMenschen vorhandene positive Potential voll entfalten können. Eine Wertung, ob das gut oder schlecht ist kennt Feng Shui nicht, das machen wir Menschen selbst draus. Und vielleicht war es rückblickend gesehen doch auch positiv, selbst wenn es sich imMoment schwierig anfühlte. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie eine solche Woh- nung betreten? REGLER: Es ist immer spannend, wenn ich neue Räume betrete. Die Einstellung dazu ist grundsätzlich erst mal neutral und oft sind (aus unserer Sicht) negative Einflüsse nicht gleich offensichtlich erkennbar. Jeder empfindet bestimmte Umstände auch individuell, sodass es ein Vorantasten imGespräch mit dem Bewohner ist. Eine Dachschräge im Zimmer wird von vielen Erwachsenen als beschränkend und bedrückend bezeichnet. Bei Kindern, die z.B darunter schlafen und sich vielleicht noch einen Vorhang wünschen, wirkt die gleiche Schräge eher gemütlich und gibt Sicherheit. Es kommt darauf an, welche Nutzung ein Raum hat und vor allemwer sich darin wohl fühlen soll. ESPRESSO: Der Eingangsbereich eines Hauses scheint beim Feng Shui besonders wichtig zu sein, weil dort das Chi, also die Lebensenergie hineinfließt. Wie sollte man den Eingangsbe- reich nach den Regeln des Feng Shui gestalten? REGLER: Der Eingangsbereich ist in der Tat ein Bereich auf den ein Hauptaugenmerk gerichtet wird. Wichtig ist eine aufgeräumte, freundliche Gestaltung. Die Mülltonnen sollten nicht das Erste sein, was Gäste zu sehen oder riechen be- kommen, genauso wenig wie viele herumstehende Schuhe imWindfang. Bestenfalls ist der Eingang offen und herzlich gestaltet; so wie ich Freunde eben begrüßen möchte. Der Eingang gilt als das „Gesicht des Hauses“. Es ist der erste Eindruck, den ich gewinne und diese Energie nehme ich mit ins Haus. Dabei kann jeder selbst entscheiden, was für ihn angenehm und wichtig ist. ESPRESSO: Wie läuft eine Feng-Shui-Bera- tung typischerweise ab? Kommen bei Ihnen die klassischen Werkzeuge wie Bagua und die Orientierung an Himmelsrichtungen und den fünf Elementen zum Einsatz? REGLER: Ich arbeite mit dem sogenannten Klas- sischen Feng Shui, nicht mit dem vereinfachten „3-Türen-Bagua“. Hier gibt es verschiedene Ebenen, die ich betrachten kann und die zumEinsatz kom- men. Der Kunde selbst bestimmt nach Absprache mit mir, welchen Schwerpunkt Feng Shui in seiner Raumgestaltung einnehmen soll. Die Kunst besteht darin, nicht dogmatisch nach zitierten „To dos“ zu handeln, sondern den Raummit den darin lebenden Menschen im gesamten Umfeld zu betrachten und individuelle Empfehlungen zu geben oder umzusetzen. Es gibt keine gleichen Situationen oder Menschen, entsprechend gilt es das Gewünschte anzustreben. Die Beratung selbst läuft meist so ab, dass wir erst mal telefonieren und einen Termin vor Ort vereinbaren. ImRahmen des Vor-Ort-Termins mache ich mir dann ausführliche Gesprächsnotizen und Fotos, nehme eine Kompassmessung vor und arbeite dann eine Gestaltungsplanung aus, die wir anschließend weitergehend besprechen. Gerne begleite ich meine Kunden anschließend bei der Umsetzung ihrer Umgestaltung und gebe weitere Unterstützung. Dies hängt allerdings immer davon ab, was das Ziel oder derWunsch des Kunden ist. ESPRESSO: Welche typischen Fehler machen die meisten von uns aus Feng Shui-Sicht und wie Beispielsweise liegt imBereichWohnen vieles klarer vor meinen Augen. Es zeigt sich offensichtli- cher und deutlicher, wo Handlungsbedarf besteht und wie man dort harmonisieren kann. Die größte Bereicherung erlebe ich immer dann, wenn ich in die glücklichen, zufriedenen Gesichter meiner Kunden blicke. ESPRESSO: Feng Shui wird in der westlichen Gesellschaft oft als Esoterik abgestempelt. Ist das ein unangebrachtes Vorurteil? REGLER: Es gibt sehr viele Formen, die als Feng Shui bezeichnet werden. Wenn ich eine „Feng- Shui-Kerze“ anzünde, wird sich dadurch nicht viel bewegen. Leider ist der Begriff nicht geschützt, was ihn zur Vermarktung von allemMöglichen interessant macht. Wer sich mit Feng Shui beschäftigt, weiß, dass man nicht daran glauben muss, damit es funktioniert. Es ist immer da, die Frage ist nur, ob ich es für mich nut- zen will. Die Lehre gibt es schon seit mehr als 3000 Jahren und sie ist fundiert. Feng Shui hat ein sehr breitgefächertes Spektrum, das irritiert vielleicht so manchen, weil es in unterschiedlichen Zusam- menhängen eingesetzt werden kann. Wenn man es ernst nimmt und sich damit auseinandersetzt, stellt sich ein ganz anderes Bild ein. AmAnfang meiner Berater-Tätigkeit ist es mir häufiger passiert, dass ich von der Ehefrau kontaktiert wurde und ihr Mann mir zuerst sehr skeptisch und ungläubig gegenüber- stand, doch das hat sich meist schon während des erstens Termins inWohlgefallen aufgelöst. 1 2 3 Spiegel reflektieren das Chi und sollten deshalb nicht vor Eingangstüren angebracht werden, da die Energie sonst sofort wieder zur Haustür hinaus verschwinden würde Let the Sun shine! Offene Fenster und lichtdurchlässige Vorhänge lassen das Chi fleißig fließen Prachtvolle Pflanzen sind ein gern gesehener Gast - sie verstärken das Chi und hübschen Raumecken auf, die ansonsten kaum beachtet werden. 1 2 3

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