espresso - Juli 2021

24 KULTUR im Ingolstädter Bürgerhaus an und leitet sie seit vielen Jahren sogar selbst. Viele Akt-Zeichner schwappten zum Urban-Sketching über, als Peter Harms ihnen von der Bewegung erzählte und die ersten zwanglosen Treffen initiierte. Eine eigens eingerichtete Whatsapp-Gruppe zählt mittler- weile über 30 Mitglieder - bei den regelmäßigen Treffen zum gemeinsamen Zeichnen sind in der Regel 5 bis 10 Leute davon anwesend. "Wer mit- gehen will, geht mit", sagt Harms. Was die Ingol- Das „Urban-Sketchers-Ma- nifest“ gibt es in zahlrei- chen Sprachen. Es stellt für das lose Netzwerk lokaler, regionaler und nationaler Urban-Sketching-Gemein- schaften eine verbindende Orientierung dar. PARADEPLATZ Skizze mit Schanzer Wiedererkennungswert machen. Bei einem Konzert kann man einen Ton auch nicht einfach wieder zurücknehmen. Viele verbinden Zeichnen mit probieren und radieren, das Skizzieren lebt für mich davon, dass das eben nicht geht. Man zeichnet aus dem Gefühl heraus. Es ist ein spannender Prozess, man muss sich da- rauf einlassen können." Der Anfang ist dabei für viele gar nicht so einfach. "Manche sitzen vor dem weißen Papier und wissen nicht, wie sie anfangen sollen. Sie haben Angst davor, einen Strich zu ma- chen, der nicht in die Zeichnung passt." Wie geht er selbst an eine neue Skizze heran? "Das ist ganz unterschiedlich. Je nachdem, was mich interessiert oder fasziniert. Wenn es ar- chitektonisch kompliziert ist, schaue ich, wie die Perspektive verläuft, wo die Fluchtpunkte sind. Manchmal beginne ich mit Details, die ich gerade witzig finde. Drumherum entsteht dann das Bild. Je mehr Zeit ich mir lasse, umso schwieriger ist es, etwas Lebendiges zu schaffen. Dann wird es irgendwann sehr konstruiert." "Das Wichtigste ist, dass man gucken muss - also bewusst gucken. Jeder läuft mit einem Kopf vol- ler Vorstellungen herum, wie etwas aussieht. Ein Apfel ist rund und hat einen Stiel. In der Realität sehen die Sachen aber anders aus. Da ist Licht und Schatten und die Perspektive...", erklärt Pe- ter Harms. Allen, die Lust auf Urban Sketching bekommen haben, rät er Folgendes: "Vorbeikom- men und mitmachen. Viele Menschen, die gerne zeichnen würden, haben eine Hemmschwelle, es öffentlich zu tun. In der Gruppe ist es ganz lässig, SEITE 1 IM SKIZZENBUCH Blick vom Café Tagtraum auf den Paradeplatz städter Urban Sketcher so zeichnen, findet man auf dem Instagram-Account @usk_ingolstadt . "Durch das Teilen auf Sozialen Medien entsteht etwas, das mehr ist, als sich einfach nur lokal zu treffen." Wie und wann er das erste mal von der Bewegung gehört hat, weiß er gar nicht mehr so genau. Sein erstes Skizzenbuch hat er aber natürlich noch. Die erste Skizze darin entstand im Ingolstädter Café Tagtraum. "Viele Maler und Zeichner beschäfti- gen sich intensiv damit, welches Papier sie ver- wenden, welche Stifte, welche Farben... Man kann eine richtige Wissenschaft daraus machen." Peter Harms malt mit einem BIC-Kugelschreiber, der nicht einmal 50 Cent kostet: "Er ist perfekt zum Zeichnen, ein Kugelschreiber hat eine ganz große Dynamik. Ich kann damit hauchfeine Linien zeich- nen, die man fast nicht mehr sieht - aber auch fett schwarz." Nur Radieren - wie beim Bleistift - geht damit natürlich nicht. Das sei auch das Tolle dar- an, sagt der Hobby-Künstler. „Es ist, wie Musik zu Das Manifest EINS Wir zeichnen vor Ort, drinnen oder draußen, nach direkter Beobachtung. ZWEI Unsere Zeichnungen erzählen die Geschichte unserer Umgebung, der Orte an denen wir leben oder zu denen wir reisen. DREI Unsere Zeichnungen sind eine Aufzeichnung der Zeit und des Ortes. VIER Wir bezeugen unsere Umwelt wahrhaftig. FÜNF Wir benutzen alle Arten von Medien. SECHS Wir unterstützen einander und zeichnen zusammen. SIEBEN Wir veröffentlichen unsere Zeichnungen online. ACHT Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung.

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