espresso Magazin Februar 2021

31 KULTUR ESPRESSO: Herr Scholter, was macht ein typisches Scholter-Gemälde aus? CHRISTOPH SCHOLTER: Ich denke, typisch daran sind die Bildmotive. Alltagsgegenstände werden gezeigt, die sich zwischen arrangierten Stillleben und scheinbaren Schnappschüssen bewegen. Aber auch die Machart ist wichtig: Häufig könnte man denken, vor einer Foto- grafie zu stehen. Erst auf den zweiten Blick werden malerische Spuren sichtbar. Neben Malerei sind für mich auch Fotografie und Objektkunst wichtige Felder und Medien, die zur Umsetzung meiner Bildideen beitragen. ESPRESSO: Wann haben Sie gemerkt, dass Sie der Kunst Ihr Leben widmen möchten? C.S.: Ich widme der Kunst nicht mein Leben, aber das Interesse an genauer Beobachtung und an verschiedenen bildnerischen Ausdrucksformen hat sich schon in meiner Kindheit gezeigt. Meine Familie hat mich dabei immer sehr unterstützt. ESPRESSO: Was ist Ihr Antrieb als Künstler? C.S.: Es ist der Wunsch, meine Bildideen ad- äquat umzusetzen und zu präsentieren. Natürlich freuen michWertschätzungen und Ankäufe. ESPRESSO: Gibt es Vorbilder, an denen Sie sich orientieren? C.S.: In der Auseinandersetzung mit Bildender Kunst begegnet man natürlich vielen Beispielen, die der eigenen Ausdrucksweise entsprechen. Man ist also nie gänzlich einzigartig. Vorbilder sind wichtig und helfen, sich zu orientieren, aber ein direktes Vorbild gibt es für mich nicht. ESPRESSO: Ihr absolutes Lieblingsgemälde? C.S.: Zwar kein Gemälde, aber eine Kinder- zeichnung meines Bruders. Diese hat mich stets inspiriert – und tut es noch. ESPRESSO: Können Sie sich noch an Ihr allererstes Kunstwerk erinnern, das Sie mit der Intention Kunst erschaf- fen zu wollen angefertigt haben? C.S.: Nein. Den Ausdruck „Kunstwerk“ kann ich für mich so auch nicht teilen. Für mich ist es wichtig, sich stets einfach neu zu versuchen. Die Beurteilung meiner Arbeiten als „Kunstwerke“ überlasse ich anderen. Wenn für mich das End- ergebnis klappt, ist das eine schöne Erfahrung. ESPRESSO: Sie sind vor allem für Ihre foto- realistischen Gemälde bekannt. Woher kommt Ihre Faszination für die fotorealistische Kunst? C.S.: Das weiß ich auch nicht, vermutlich Intuition. Meist habe ich einen persönlichen Bezug zu den dargestellten Motiven. Meine Malerei würde ich stilistisch auch nicht als „fotorealistisch“ bezeichnen. Der Fotorealismus ist Teil der Kunstgeschichte / Pop Art und trifft auf meine Arbeiten nicht immer ganz zu. Es geht mir nicht um rein malerische Reproduktion als künstlerisches Konzept, sondern vor allem darum, das „Wesen der Dinge“ zu erkunden. ESPRESSO: Wie kann man sich den Entste- hungsprozess eines Gemäldes vorstellen? C.S.: Der Entstehungsprozess meiner Arbei- ten ist oft langwierig und kunsthandwerklich aufwendig, doch das sehe ich als eine Heraus- forderung, um entsprechende Bildergebnisse zu erzielen, nicht nur im Bereich Malerei. ESPRESSO: Manch einer wirft dem Fotorealismus vor, keinen Mehrwert zur abgebildeten Realität hinzuzufügen. Was entgegnen Sie ? Warum hat der Fotore- alismus eine Daseinsberechtigung? C.S.: Ich bin kein Kunsthistoriker, aber ich meine, der Fotorealismus (etabliert in der Malerei der 60er- bis 80er-Jahre) hat durchaus seine konzeptionelle Berechtigung und zeigt einen reflektierten bildnerisch-praktischen Umgang mit Bild- und Medienwelten. Gerade in Zeiten der Di- gitalisierung und einem damit verbundenen eher flüchtigen Umgang mit Bildern / Fotos erscheint mir das Konzept von Entschleunigung durch genaue Beobachtung, Reflexion und bildnerischer Darstellung (z.B. mittels Malerei) mehr als aktuell. ESPRESSO: In Ihrer Dissertation ha- ben Sie sich mit Kinderzeichnungen aus den 80er Jahren zu der Spiel- und Medi- enwelt Masters of the Universe ausein- andergesetzt. Warum dieses Thema? C.S.: Als Kunstpädagoge und Kunsterzieher amGymnasium erkenne ich, wie Kinder und L E B E N S L I N I E N 2003-2006: Studium an der Univer- sität Regensburg (Kunsterziehung, Kunstgeschichte, Pädagogik) ◊ 2006-2012: Studium an der Akade- mie der Bildenden Künste Nürnberg (Kunsterziehung, Freie Malerei) ◊ 2012: Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien in Bayern im Fach Kunst, Meisterschüler der Klas- se für Freie Malerei und Kunsterzie- hung der AdBK Nürnberg ◊ 2014: Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien in Bayern im Fach Kunst ◊ seit Sept. 2014: Kunsterzieher am Gymnasium Schrobenhausen ◊ 2016: Promotion im Fach Kunst an der Fakultät für Kulturwissen- schaften der Universität Paderborn ◊ seit Okt. 2017: Lehrbeauftragter an verschiedenen bayerischen Hoch- schulen im Bereich Kunstpädagogik Christoph Scholter “ Es geht mir nicht um rein malerische Reproduktion als künstlerisches Konzept, sondern vor allem darum, das „Wesen der Dinge“ zu erkunden.

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